LESEPROBE
KAPITEL 1 – ELODIE
»Wow. Er gibt ernsthaft diesem Mädchen die Schuld?« Noémie sitzt mir gegenüber auf meinem Bett und lässt die neuste Ausgabe der Le Clic sinken. Die Überschrift der Klartext-Kolumne von Lucas Clay leuchtet mir entgegen.
Warum ich mich nach dem Sex nicht mehr melde.
»Gibt es nur noch Idioten, die nach dem Sex abhauen?« Nein, es gibt sogar welche, die währenddessen abhauen. Meine Brust wird eng, weil die Erinnerung an den Sex mit Rémi so plötzlich kommt. Ich spüre, wie seine Hände von meinem nackten Körper verschwinden und sich von meinem Bauch zurückziehen, als wäre es erst gestern passiert. Sämtliche Muskeln meines Körpers spannen sich an, mein Herz beginnt zu rasen. Ich atme tief ein, bis der Duft nach Orangenblüten, den die Kerze auf dem Fensterbrett am Kopfende meines Bettes verströmt, meine Nase erreicht. Der Geruch beruhigt mich, denn er holt mich hierher zurück. In mein Einzimmerappartement mitten in Paris, in dem Rémi nie war. Auf mein Bett, das ich in diese kuschelige Nische unter dem Fenster gestellt habe, und in dem Rémi nie gelegen hat. Ich schiebe mir ein Kissen in den Rücken, weil das Regalbrett gegen meine Wirbelsäule drückt.
Mir gegenüber hat Noémie sich ebenso gegen eines der Bücherregale gelehnt, die mein Bett zu beiden Seiten einrahmen, und überschlägt ihre Beine an den Knöcheln. Die Röhrenjeans betont ihre schlanken Waden, und unter ihrem enganliegenden, hellblauen Pullover zeichnet sich nicht einmal im Sitzen ihr Bauch ab. Die Seiten des Magazins rascheln auf ihrem Schoß, als sie es energisch schüttelt. »Er gibt ihr die Schuld dafür, dass sie sich Hoffnungen gemacht hat? Er sagt ja selbst, dass das Date super war.« Sie schleudert die Zeitschrift zwischen uns auf die Matratze und streicht sich hektisch ihre kastanienbraunen Haare aus dem Gesicht. »Ehrlich, Elodie: Sie nach dem Sex eiskalt zu ghosten nennt er: Klartext?« Noémis Augen funkeln wütend. Am liebsten würde ich antworten, dass Klartext-Lucas seine Kolumne nur erfunden hat, weil sich sowas eben gut verkauft. Aber ich glaube es ja selbst nicht.
Ein Typ wie Lucas Clay muss nichts erfinden.
Ein Typ wie er steigt mühelos mit unzähligen Frauen ins Bett und schreibt hinterher öffentlich in Le Clic darüber. Ausgerechnet in dem Magazin, für das ich ab morgen arbeiten werde.
»Du solltest seine Kolumne lesen, damit du dich besser von ihm fernhältst.« Noémie nickt zu der Zeitschrift. Fernhalten. Innerlich schnaube ich. Als wäre es auf irgendeinem Planenten dieser Welt möglich, dass Lucas und ich in den Redaktionsräumen von Le Clic mehr als ein Bonjour miteinander sprechen. Oder dass ich irgendwann in seiner Kolumne lande.
Ein entferntes Donnergrollen dringt durch das gekippte Sprossenfenster zu uns herein, und Noémie und ich schauen gleichzeitig nach draußen. Schwarze Wolken schieben sich vor die Abendsonne, in meinem Appartement wird es dunkler. Mimi liegt in ihrem Katzenkörbchen auf dem Regalbrett neben Noémie und hebt müde den Kopf. Sie streckt die perlweiße Vorderpfote, spreizt ihre Krallen, gähnt und kuschelt sich wieder ein.
»Non, ich muss es nicht lesen, um mich von ihm fernzuhalten. Weil Lucas und ich ohnehin nichts miteinander zu tun haben werden.« Ich nehme ein dunkelrotes Pâte de fruits aus der Schachtel, die Noémie mitgebracht hat, und stecke es mir in den Mund.
Mit der Zunge lutsche ich die Zuckerkristalle ab und zerdrücke den Geleewürfel an meinem Gaumen. Der leicht säuerliche Geschmack reifer Johannisbeeren lässt mich wohlig aufseufzen.
Noémie schnappt die Zeitschrift von meiner Matratze und streckt sie mir entgegen. »Er hat Charme. Und so ziemlich jede Frau in Paris ist ihm verfallen. Du solltest dich also besser auf ihn vorbereiten. Man weiß ja nie.« Schützend halte ich die Hände vor meine Brust und schlucke mein Pâte de fruits herunter. »Oh doch, wenn ich eins weiß, dann dass ich nicht auf Klartext-Lucas stehe.« Und ich hasse es, dass sein Name zu einer Art Slogan geworden ist. Zu einer Marke, die man immer im Ganzen ausspricht wie Louis Vuitton oder Yves Saint Laurent. Weil Klartext-Lucas der Single-Superstar von Paris ist. Ein Timothée Chalamet der Singlewelt sozusagen.
»Ja, besser so«, sagt Noémie leise. »Einen zweiten Idioten, der die Liebe nicht ernst nimmt und dir das Herz bricht, brauchst du nicht in deinem Leben.« Ich nicke. Weil ich gar keinen Mann mehr in meinem Leben brauche.
»Würdest du es bitte trotzdem lesen? Damit wir uns gleich gemeinsam darüber aufregen können, was für ein Idiot er ist?« Sie wedelt mit dem Magazin vor mir herum, legt den Kopf schief und zieht eine Schnute. Ihr beerenfarbener Lippenstift würde auf meiner blassen Haut viel zu aufdringlich aussehen, weshalb ich sowas gar nicht besitze. Und das Rouge, das sie sich großzügig auf die Wangen tupft, brauche ich nicht, weil ich ohnehin sofort rot werde, sobald mir etwas unangenehm ist. Es ist ein Fluch, dass man mir jede Gefühlsregung ungefiltert ansieht.
»Na gib schon her.« Seufzend beuge ich mich auf meinem Bett nach vorne, um das Magazin entgegenzunehmen. Der Lattenrost ächzt unter meinem Gewicht. Sofort ziehe ich meinen Bauch ein, was Blödsinn ist, weil ich dadurch auch nicht leichter werde. Eilig schnappe ich Le Clic aus Noémies Händen, lehne mich zurück gegen mein Bücherregal und mache mich unter einem erneuten Donnergrollen auf die Suche nach der berüchtigten Kolumne.
Während ich das Interview mit einer Moderatorin einer Datingshow überblättere, wirbelt der Geruch von Druckerschwärze in meine Nase. Draußen verdrängen die Wolken die Sonne fast vollständig. Noémie lehnt sich an Mimi vorbei und schaltet die Lichterkette ein, die ich über unseren Köpfen zwischen den Regalen aufgespannt habe. Goldgelbes Licht fällt auf uns herab, draußen donnert es erneut, kühler Wind dringt herein und bringt die Flamme der Duftkerze auf dem Fensterbrett zum Flackern. Ein paar Seiten hinter der Modestrecke für das erste Date im Louvre stehen die Liebeshoroskope, und auf der nächsten Doppelseite finde ich seine Kolumne. Und sein Foto.
»Schau dir den Herzensbrecher an,« sagt Noémie abfällig. »Wie er sich inszeniert.« Ich brumme eine Art Zustimmung, aber ich kann nicht leugnen, dass Lucas verflucht gut aussieht. Und obwohl ich sein Bild schon so oft angesehen habe und ihn auf keinen Fall anhimmeln sollte, schaffe ich es kaum, meine Augen von ihm weg zu lenken. Runter zu der Textbox, in der sie ihn als den heißesten Single in Paris bezeichnen. Ich kenne Mädchen, die sind der Meinung, dass er der heißeste Single in ganz Frankreich ist.
Ich kann es ihnen nicht verdenken. Denn es gibt Bilder, die sind schön. Es gibt Bilder, die sagen nichts. Und es gibt dieses Bild, das mein Kopfkino anknipst, und ich mich automatisch frage, was um alles in der Welt gerade in seinem Kopf vorgeht. Das Bild ist in Schwarz-Weiß gedruckt, Lucas sitzt auf dem Boden vor einer kahlen Wand. Sein Oberkörper ist nackt, über seinen Bauchmuskeln liegt ein tiefer Schatten, weil er seine Arme auf seinen Knien aufstützt und die Fäuste nachdenklich vor seinen Mund hält. Seine dunklen Haare sind am Oberkopf verwuschelt, sein Blick fixiert die Kamera. So eindringlich, dass ich jeden Moment damit rechne, dass er blinzelt. Vorsichtig drehe ich das Magazin ein bisschen von mir weg, weil es wirkt, als würde er mich mit seinen dunklen Augen direkt ansehen.
Mustern.
Bewerten.
Wieder ziehe ich meinen Bauch ein und frage mich, wen er in diesem Moment wirklich so angesehen hat. Der Copyrighthinweis unter dem Bild lautet: ©privat.
Vielleicht hat es eines seiner Dates aufgenommen.Eine talentierte, schlanke, taffe Frau, die ihm gerade gegenübersitzt. Halbnackt und selbstbewusst wie er.
Ich stelle mir vor, wie sie das Bild knipst, die Kamera beiseitelegt und dann mit ihm die Dinge erlebt, über die er am nächsten Tag in seiner Kolumne schreibt
EN CLAIR – KLARTEXT
Unsere Kolumne für Singles und für alle, die Klartext wollen: Finden Männer ein Date unter dem Eiffelturm wirklich so romantisch, wie sie vorgeben? Ist es okay, wenn du die Rechnung übernimmst? Wann ist die beste Zeit für den ersten Kuss? Wann lieben sie den Sex mit dir – und wann nicht? Und was in aller Welt war der wahre Grund dafür, dass es für mehr nicht gereicht hat?
Unser Kolumnist Lucas Clay kennt die Antworten auf deine Fragen und gibt dir ehrliche Einblicke in die männliche Psyche. Er ist berüchtigt dafür, immer Klartext zu reden, und kennt keine Tabus. Und heute erfährst du:
Warum ich mich nach dem Sex nicht mehr melde
Von: Lucas Clay
Zugegeben, ich gehe gerne auf Dates. Ich liebe den Kick, das Knistern und das Flirten. Und damit dabei keine Missverständnisse aufkommen, befolge ich eine strenge Regel: Vorab Klartext reden und deutlich machen, dass ich nur Sex suche. Wie neulich, als mir Carlotta [Name von der Redaktion geändert] mit einem schweren Rucksack beladen beinahe vor mein Auto gelaufen wäre. Sie war eine süße Touristin mit …
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