LESEPROBE
KAPITEL 1 – NICOLAS
»Bonjour, Herrschaften. Wir fangen an. Setzen Sie sich bitte.«
Im Hörsaal entsteht geschäftiges Treiben, als Professor Leroux drei Mal auf den hölzernen Schreibtisch klopft. Er wirft einen Blick auf seine Armbanduhr. »Ich habe Ihnen einiges mitzuteilen.« Der Professor krempelt die Ärmel seines Hemdes zurück, während meine Kommilitonen um mich herum zu ihren Plätzen eilen, Sitzflächen umklappen, Laptops aus den Taschen ziehen, in ihren Notizen blättern und Stifte herauskramen. Irgendwer hat sein Handy auf laut und diskutiert über einen Arzttermin, der verschoben werden muss. Behutsam nehme ich meinen eigenen Laptop aus meinem Aktenkoffer und stelle den Koffer dann ordentlich zurück unter den Tisch.
»Die Prüfungsergebnisse sind online!«, ruft ein Typ von weit hinten. Gemurmel brandet auf, mein Körper spannt sich an. Die Note ist da.
»Halt! Sie konzentrieren sich auf mich. Alle Augen hierher. Jetzt hören Sie erstmal zu. Denn zu diesen Ergebnissen habe ich einiges zu sagen.«
Das genervte Stöhnen der anderen stört mich. Es ist respektlos. Ja, ich wüsste meine Note auch gerne. Aber der Professor gibt die Regeln vor. Ich setze mich aufrecht hin.
»Eine Kolumne, Herrschaften, ist kein Bericht. Viele von Ihnen waren zu sachlich. Sie haben als Außenstehende berichtet.« Professor Leroux schiebt seine Hände in die Taschen seiner Stoffhose, während er vor uns auf und ab schlendert.
Zu sachlich. Sofort gehe ich in Gedanken meine Kolumne durch. War ich subjektiv oder objektiv, als ich über den Alltag an der Paris-Chéron Université geschrieben habe? Jedenfalls war es mir unheimlich schwergefallen, weil ich nicht viel zu berichten hatte.
Berichten.
Oh nein. Habe ich einen Bericht geschrieben? Meine Hände werden schwitzig. Angestrengt versuche ich, mich an meinen Text zu erinnern, aber ich weiß nur noch, dass ich vertuschen wollte, vom Unialltag keine Ahnung zu haben. Von der Gemeinschaft hier. Von Lerngruppen, Freizeitaktivitäten. Freunden.
Dafür habe ich die Universität beschrieben. Das Immatrikulationsverfahren, die Hörsäle, die Öffnungszeiten der Bibliothek, die Vorlesungspläne. Mein Herz beschleunigt. Ich habe als Außenstehender über die Gruppen geschrieben, die mittags beisammensitzen, weil ich niemanden habe, mit dem ich in der Mensa zusammensitzen könnte.
Weil ich lieber lerne, statt mich über Unwichtiges zu unterhalten. Und weil ich nicht weiß, wie es ist, sich abends in einer Bar zu verabreden.
Unauffällig blicke ich zu Claudette nach hinten. Sie ist regelmäßig in den angesagtesten Bars der Stadt. Und sie ist gerade so in ein Gespräch mit ihrer Freundin Rachelle vertieft, dass sie nicht einmal mitbekommen hat, dass die Vorlesung begonnen hat und Professor Leroux über unsere letzte Prüfung spricht.
Sie tuscheln, kichern, und als Claudette ihren Blick zufällig zu mir wendet, bleibt mein Herz fast stehen. Rachelle raunt Claudette etwas zu, während die mich beobachtet. Blonde Ponyfransen fallen ihr ins Gesicht. Ich lächle vorsichtig. Claudette lächelt nicht zurück. Etwas drückt gegen meine Brust. Wäre ich Lucas Clay, der angesagte Single-Kolumnist, würde sie sicher lächeln. Sie alle hier himmeln ihn an. Vielleicht, weil in ihm viele hier ein Vorbild sehen und Professor Leroux ihn mehrmals zitiert hat. Lucas Clay hat sich eine Karriere aufgebaut als schonungslos ehrlicher Kolumnist und ist in Paris bekannt für seine heiklen Texte.
Er hätte die volle Punktzahl von Professor Leroux für seine Kolumne erhalten, daran habe ich keinen Zweifel. Erst gestern bin ich über die Onlineausgabe von Le Clic gestolpert, dem Singlemagazin, in dem er seine Klartexte veröffentlicht.
Den besten Sex hat man, wenn man ehrlich zueinander ist. Rede Klartext.
Du magst nicht unten liegen? Sag es.
Du magst es nicht so hart? Sag es.
Du willst den BH anlassen? Sag es.
Du willst es mit Blick auf den Louvre machen? Sag es.
Und ich sag dir auch was: Für den besten Sex muss man sich nicht gut kennen. Man muss sich nicht lieben oder wochenlang vorher Kontakt haben. Es reicht, wenn man offen ist. Und ehrlich. Zu sich und zu seinem Gegenüber. Dann wird es unvergesslich.
Klartext eben. Immer.
Innerlich schnaube ich. Nicht nur weil ich seinen dämlichen Klartext offenbar auswendig kann. Sondern weil ich niemals Klartext reden könnte. Schon gar nicht beim Sex. Denn dann müsste ich zugeben, dass ich mit meinen 21 Jahren noch nie Sex hatte – was absolut peinlich ist.
Claudette und Rachelle tuscheln weiter, und ich wende mich wieder Professor Leroux zu.
»Die meisten werden über ihre Note enttäuscht sein. Aber sehen Sie es als Chance, daran zu wachsen.«
Mein Körper spannt sich an. Nicht auszudenken, wenn ich keine 1,0 bekommen habe …
In Gedanken rechne ich den Schnitt aus, auf den ich damit rutschen würde und schlucke. Eine 1,3 wäre schlimm, aber okay. Eine katastrophale 1,7 würde mich dagegen auf 1,23 runterziehen. Mein Herz wummert heftig gegen meine Brust. Das darf auf keinen Fall passiert sein. Vater würde ausflippen.
Ich rutsche auf meinem Klappsitz hin und her. Er knarzt. Professor Leroux tigert vor uns auf und ab, seine weiß-braunen Sneaker hinterlassen ein Quietschen auf dem Linoleum. Er referiert über den Inhalt einer Kolumne und über die Fehler, die wir beim Schreiben gemacht haben. Um mich herum brandet genervtes Stöhnen auf. Sie rufen ihre Noten ab. Obwohl der Professor es verboten hatte.
»Ja, Mann«, murmelt Timothée neben mir. »Bestanden mit 2,7.« Er lässt sich erleichtert gegen die Lehne fallen und fährt sich mit der Hand durch seine blonden Haare. 2,7? Darauf ist er stolz? Ich atme durch. Eine 2,7 wäre die totale Katastrophe. Mein Platz neben ihm wackelt, während er sein Handy zurück in die Tasche seiner Leinenhose schiebt. Dann schaut er rüber. »Und du?« Seine Augen sind hellblau, sein Blick überheblich.
»Ich weiß es noch nicht.«
Sein Blick wandert auf meinen Laptop.
»Schau doch nach.«
»Du hast den Professor gehört. Wir sollen erst nach Ende des Kurses nachschauen.«
»Dein Ernst?«
Ich zucke mit der Schulter. »Er ist unser Professor. Wir sollten uns an das halten, was er sagt.«
»Sei doch nicht immer so spießig«, raunt Timothée, aber ich gehe nicht darauf ein. Sich nicht an Regeln zu halten, steht für mich nicht zur Diskussion.
Stattdessen klappe ich das Display meines Laptops ein Stück zurück, weil die Deckenlampe im Display spiegelt, und öffne eine neue Seite für meine Notizen.
Dann schreibe ich alles auf, was mir an Professor Leroux’ Ausführungen relevant erscheint. Timothée stöhnt genervt, aber das kümmert mich nicht. Der Professor gibt die Regeln vor, und ich werde mich daran halten. Auch wenn ich die nächste halbe Stunde an nichts anderes denken kann, als an meine viel zu sachliche Kolumne. Aber ich halte durch. So lange, bis uns Professor Leroux höchstoffiziell in den Nachmittag entlässt und mein Finger nervös über das Touchpad des Laptops huscht, weil ich versuche, mich in das Prüfungsportal einzuloggen.
Hinter mir klappen die Holzsitze schwungvoll nach oben, meine Kommilitonen verlassen den Hörsaal. Jemand stolpert und rumpelt die Stufen hinab, ein Typ grölt, und das alles macht mich nur noch hibbeliger. Irgendwer startet mit seinem Handy einen französischen Rap-Song, der mir alles abverlangt. Ich muss mich konzentrieren, verdammt. Blöderweise verklicke ich mich zwei Mal, bis ich die Schaltfläche treffe, über die ich meine Note öffnen kann.
Bestanden mit … 3,0.
Merde.
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